Ein Fitnessstudio braucht Marlen Tischer, 27, nicht. Für sportliche und geistige Höchstleistungen sorgt ihr Job: Die Wahlberlinerin arbeitet als Logistikerin für ein Auktionshaus
21. November 2012 - 14:42 SPIESSER-Autorin JuliANNE.
Das ganze Team packt mit an, Tischer dankt es ihnen mit einem Lächeln. Die heutige Warenlieferung kommt aus Österreich, Käufer finden sich in aller Welt. Nicht immer geht es bei „Auctionata“ so hektisch zu. Einen Großteil ihrer Zeit verbringen die Logistiker im Büro. „Von dort aus organisieren und koordinieren wir die Vor- und Nachbereitungen, die für den Versand der Ware erforderlich sind.“, versichert Tischer.
Damit diverse Erb-, Sammel- oder Fundstücke ihre Besitzer auch erfolgreich wechseln, sind vier logistische Arbeitsabläufe notwendig: „Zuerst wird der Artikel beim Kunden abgeholt, dann hier im Haus fotografiert und beschrieben. Bis zum Verkauf oder dem Termin der Versteigerung wird er im Auktionshaus eingelagert und anschließend zu dem Höchstbietenden transportiert – auch wenn er beispielsweise in Hongkong wohnt.“
Marlen Tischer muss sich auf die Speditionsfirmen, mit denen „Auctionata“ zusammenarbeitet, verlassen können. Vertrauen und guter Kontakt zu lokalen Dienstleistern sind dabei ebenso wichtig, wie die Gewinnung neuer Partner. „Stell dir ein Spinnennetz vor: Nur mit einem überregionalen Einzugsgebiet kann jeder Kunde erreicht werden“, erklärt die Logistikerin noch schnell, bevor sie wieder die Treppe hinunter hastet.
Wer hätte gedacht, dass so eine alte Flasche
500 Euro wert ist?
Die Höchstgebote überraschen nicht nur Marlen Tischer immer wieder. Auch dem einen oder anderen Verkäufer klappt die Kinnlade herunter, wenn er erfährt, wie viel sein „Trödel“ wert ist. So brachte vor wenigen Wochen eine Schätzung zum Vorschein, dass ein Bild nicht die von der Besitzerin vermutete Billigproduktion aus China war, sondern das Werk eines bekannten Berliner Malers. Schätzwert: 5000 Euro. Solche Happy Ends gibt es viele. Die Preisklassen variieren je nach Objektbereich, erklärt Tischer: „Die Einlieferungsgrenzen bei Briefmarken liegen bei mindestens 150 Euro, Bücher nehmen wir ab etwa 200 Euro an. Teppiche müssen einen Quadratmeterpreis von mindestens 250 Euro haben, und Möbel starten bei rund 500 Euro.“
Sie greift zu einer Flasche: „Dieser Cognac ist das skurrilste Objekt, das mir bisher untergekommen ist.“ Dem unspektakulären Behältnis sieht man an, dass es bereits mehrere Jahre auf dem Buckel hat: Das Etikett fehlt, das Glas ist matt. „Die stammt aus dem Jahr 1802, also noch aus Napoleons Zeiten“, berichtet sie. Und: „Sollte sich die Jahreszahl bewahrheiten, kann der Cognac mindestens 5000 Euro einbringen – und das, obwohl dies ein Sammlerstück ist und vielleicht nie getrunken wird.“ Nicht in jedem Job bekäme man so außergewöhnliche Gegenstände zu sehen.
„Etwa drei Tage wird es dauern, bis es hier wieder normal aussieht“, lächelt Tischer und lässt den Blick über die Kistenberge schweifen. Ein Großteil der eben angelieferten Waren zieht noch am Abend in das Außenlager um. „Wer in der Logistikbranche tätig sein möchte, sollte praktisch orientiert und sportlich sein. Gelegentlich werden die Klamotten schmutzig“, sagt sie. „Und natürlich muss man ein Teamplayer sein“, nickt Thomas Höch, der nun neben ihr steht. Der LKW ist ausgeräumt. Mittagspause. Vorerst können die zwei Logistiker durchatmen.
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https://youtu.be/dc3EW7fgqk8
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[Bild:1]
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mxk
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