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Bosnien, wo das Fleisch zu Hause ist.

Bosnien. Der europäische Tourist denkt an Krieg,kaputte Häuser und Armut.

06. October 2009 - 10:05
von SPIESSER-Redakteurin Onlineredaktion.
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Beigetreten: 25.04.2009


Kein Taschenrechner in Mathe? Foto: pixelio.de/Thorsten Freyer
 

Wer sonst Italien, Spanien oder Frankreich besuchte, kann sich nicht viel mehr darunter vorstellen, auch die Medien prägten dieses Bild.
Als eine Freundin mir von ihren Plänen für die Osterferien erzählte fiel der Name dieses Landes mindestens 20 Mal. Auch ich dachte sofort an oben genannte Assoziationen.
Nach dem das Wort Bosnien mindesten 50 Mal gefallen war, begann auch ich Interesse zu entwickeln und fragte nach.
Dahinter stand die Idee eines Workcamps in den Osterferien in Dubica, Bosnien. Ziel war es, aus einem leer stehenden Gebäude einen Ort für die Jugend zu machen, ein Jugendzentrum zu errichten.

So machten sich am 6. April 7 Jugendliche zusammen mit einer Aufsichtsperson, auf den Weg um dieses spannende Land kennen zu lernen.

Keiner von uns war jemals in Bosnien gewesen, Freunde und Bekannten hatten uns mit Schauermärchen über Landminen und „Pass auf dich auf“- Parolen entlassen.
Unser Transportmittel war ein schnuckeliger blauer Ford-Transit, der genau die richtige Größe hatte für 7 aufgeregte Teenies, die sich im Bus erst richtig kennen lernten.
Auf dem Weg nach Bosnien fuhren wir durch halb Deutschland, hier mussten schon einige die schmerzliche Erfahrung machen nicht mehr verstanden zu werden,
Österreich, wo uns der Anblick des Schnees auf den Bergspitzen fast ausrasten lies vor Freude, Slowenien, was die meisten von uns verschliefen, und Kroatien, wo wir auf freundliche Zollbeamten stießen, die jeden von uns einzeln per Personalausweis und Taschenlampe kontrollierten.

Gegen halb 12 hatten wir endlich unser Ziel erreicht, allerdings sahen wir nicht viel von Bosnien an diesem Abend, denn die Sonne war bereits unter gegangen und unsere Augen blieben nur noch mit Hilfe von Streichhölzern geöffnet.
Was wir allerdings sofort kennen lernten, war die große Gastfreundschaft der Bosnier.
In einer einheimischen Pizzeria wurden wir von dem Verein „ Putevi Mira“ (Friedenswege) empfangen, der uns vor Ort unterstützend zur Seite stand.
Danach bezogen wir unser komfortables Haus, was für jede Person ein gemütliches Bett und zur Freude der weiblichen Besetzung zwei Badezimmer aufwies.
Nach einer erholsamen Nacht kam man schlaftrunken ins Wohnzimmer gewankt, wo einen direkt die Sanften Bässe von Seeed begrüßten und warme Worte den Morgen versüßten.
Nach dem offiziellen Anmelden bei der örtlichen Polizei, begannen am Nachmittag die Arbeiten an dem zukünftigen Jugendhaus, zusammen mit bosnischen Jugendlichen.
Die Abende wurden auch meist gemeinsam mit jenen verbracht, entweder an der lauschigen Uferpromenade der Una oder in den süßen kleinen Straßencafés in Fußgängerzone Dubicas. Es haben sich in diesen 10 Tagen viele Freundschaften gebildet, die auch jetzt noch per Mail aufrecht gehalten werden.

Ein besonderes Highlight für uns war das Osterfeuer.

Da Bosnien religiös aufgespalten ist in Moslems und Orthodoxe, bekamen wir kaum etwas mit von unserem christlichen Osterfest mit, was einige von uns sonst Zuhause mit ihrer Familie feiern.
So freute es uns besonders, als wir von der Idee mit dem Osterfeuer hörten. Wir verbrannten also in der Nacht auf den Ostersonntag das Holz, das wir aus dem zukünftigen Jugendhaus heraus geholt hatten auf einem großen Scheiterhaufen und verbrachten einen Abend mit den bosnischen Jugendlichen, den keiner von uns je vergessen wird.
Um aber noch einmal auf die anfangs genannten Assoziationen zurück zu kommen:
Krieg, kaputte Häuser und Armut. Der Krieg ist schon länger vorbei, trotzdem betrifft er die Menschen dort immer noch.
Die zukünftige Leiterin des Jugendhauses hat uns erzählt, wie glücklich sie vor dem Krieg war, und dass heute vieles erst einmal wieder aufgebaut werden müsse.
Wir haben selber gemerkt, dass die Menschen dort nicht viel haben, aber mit dem was Sie haben sind sie zufrieden und glücklich. Sie versuchen das Beste aus ihrer Situation zu machen.
Obwohl wir Ferien hatten, sind wir einen Tag lang mit in die Schule der Bosnier gegangen und ich hatte den Tag mit meinen „Lieblingsfächern“ wie Mathematik und Biologie erwischt.
In Mathe scheint der Lehrplan mit dem deutschen fast identisch zu sein, ich konnte die Inhalte der 10. Klasse erkennen.

Nur das hier ohne Taschenrechner gerechnet wurde, was meinen tiefsten Respekt hervorrief.
In Biologie wurden Zettel mit Warnhinweisen vor einer giftigen Pflanze ausgeteilt und ausgiebigst besprochen, die Menschen sind hier sehr vorsichtig.
Auch das Verhältnis von Lehren zu Schülern ist ein ganz anderes, es ist herzlicher und persönlicher, als das in Deutschland.
10 Tage später war das zukünftige Jugendhaus mit einem großen Namensschild versehen, entmüllt und die ersten Baumaßnahmen fruchteten, sowie aus dem Dschungel ein gepflegtes Stück Garten gemacht wurde.
Der letzte Abend wurde erst mit einem gemeinsamen Abendessen verbracht und anschließend wie schon so oft, am Ufer der Una.
Der Abschied ist uns nicht leicht gefallen, was uns allerdings trösten konnte, war die Aussicht auf eine Rückbegegnung.

Dobrè dan!

 

Von Jesa

 

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