"Meine Schwester darf nicht Lehrerin werden, weil sie ein Kopftuch trägt."
In Berlin diskutierten Jugendliche und Politiker darüber, ob es Lehrerinnen in Deutschland erlaubt sein sollte, Kopftücher zu tragen oder nicht. Einig waren sich dabei nicht mal die verschiedenen Abgeordneten aus der gleichen Partei.
25. November 2007 - 15:23 SPIESSER-Redakteurin Onlineredaktion.
Gestern trafen auf dem Berliner Jugendforum Schüler und Abgeordnete aufeinander. Ein Diskussionsthema hieß "Zwischen Demokratie und Dschihad: Der Islam im europäischen Kontext". Fünf Politikern saßen etwa 25 Schüler gegenüber - auf beiden Seiten waren auch Muslime vertreten. Als ein Schüler die Kopftuchdebatte ansprach, lief die Diskussion heiß...
Schüler 1: "Meine Schwester will Lehrerin werden. Das darf sie aber nicht, weil sie ein Kopftuch trägt - aus freiem Willen, nicht weil sie irgendjemand dazu zwingt. Ich verstehe nicht, warum man ihr nur aus diesem Grund die Zukunft verbauen will."
Fritz Felgentreu (SPD): "Ich war damals dabei, als wir das Gesetz verabschiedet haben. Das Problem ist: Wenn eine Frau ein Kopftuch trägt, kann das verschiedene Gründe haben. Es kann eine religiöse Entscheidung sein, es kann aber auch eine politische Aussage sein. Und auf diese Art eine politische Botschaft an die Schüler zu senden, wäre für eine Lehrerin, die ja neutral sein soll, einfach nicht in Ordnung. Deshalb halte ich das Gesetz immer noch für richtig."
Raed Saleh (SPD): "Ich weiß ehrlich gesagt nicht, wie ich gestimmt hätte, wenn ich dabei gewesen wäre. Wir reden hier doch von jungen Frauen, die studiert haben, die selbständig und emanzipiert sind, die an der Gesellschaft teilhaben wollen. Das Kopftuch bedeutet für sie eine private religiöse Entscheidung."
Fritz Felgentreu: "Na ja, die Referendarin, die das Thema damals angestoßen hat, war durchaus dem politischen Spektrum des Islam zuzuordnen. Aus diesen Kreisen hat sie auch finanzielle Unterstützung für ihre Klage bekommen. Ist es nicht wahrscheinlich, dass gerade politisch motivierte Frauen sich so stark für dieses Thema einsetzen?"
Schüler 2: "Ich finde es ungerecht den Frauen gegenüber, ihnen zu unterstellen, dass sie den Schülern vermitteln wollen, dass Frauen ohne Kopftuch Sünderinnen sind. Warum glaubt man ihnen nicht einfach, dass sie gute, demokratische Lehrerinnen sein wollen?"
Fritz Felgentreu: "Ein Lehrer darf ja auch nicht mit einem SPD-Anstecker zur Schule kommen. Das wäre genauso wenig neutral."
Raed Saleh: "Das kann man nun wirklich nicht vergleichen. Einen Anstecker kann man an- und ablegen. Den religiösen Glauben nicht."
Emine Demirbüken-Wegner (CDU): "Ich bin dafür, dass man junge Frauen selbst entscheiden lässt, ob sie ein Kopftuch tragen wollen oder nicht. Anders sieht es bei Kindern aus. Ich bin zum Beispiel dagegen, dass Mädchen in der Grundschule Kopftücher tragen."
Schülerin 1: "Warum fragen wir nicht mal eine Schülerin, die ein Kopftuch trägt, wie sie das sieht?"
Schülerin 2: "Ich verstehe nicht, warum diese Debatte so aggressiv geführt wird. Für mich bedeutet das Kopftuch ganz einfach einen Schutz vor perversen Jungs. Ich fühle mich damit sicherer."
Schüler 1: "Seht ihr, man kann ja darüber reden, was das Kopftuch für die einzelnen Frauen bedeutet. Und wenn eine Lehrerin mit Kopftuch unterrichtet, können die Schüler sie doch einfach danach fragen und darüber diskutieren."
Text und Foto: Julia Karnahl
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