Herzscheiße

Shoppen für
die große Liebe?

Am 11. November dreht China durch: Der nationale „Singles Day“ steht dabei weniger für’s Liebesglück, sondern viel mehr für Schnäppchen, Sale und Riesenumsätze. Vor allem der Onlinehandel profitiert davon. SPIESSER-Autorin Lara erklärt das Phänomen und hat mit zwei Shanghaier Studentinnen über den Tag gesprochen.

11. November 2015 - 09:15
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Die Eins steht in China für Jungge-
sellen.
Foto: jon jordan, flickr.com,
CC-Lizenz (CC BY 2.0), beschnitten

Die chinesische Ein-Kind-Politik hat allerlei Übel angerichtet: Eine alternde Gesellschaft, immer weniger arbeitende Menschen und einen Überfluss an Männern, die einfach keine Partnerin finden. Zumindest für letztere gibt es wenigstens einmal im Jahr Trost: Der nationale „Singles Day“ findet immer am 11. November statt. Zum einen beinhaltet das Datum die meisten Einsen. Zum anderen, erklärt mir meine chinesische Freundin Kathleen, „bezeichnet man in China einen männlichen Junggesellen als ‚nackten Stock‘ – und die Eins sieht nun mal aus wie ein Stock“.

Die Ursprünge des „Singles Day“ sind umstritten. Fakt ist, dass er in den 90ern von Studenten ins Leben gerufen wurde, aber erst in den letzten Jahren durch das Internet so richtig bekannt wurde. Manche glauben, die Studenten hätten damals gegen Heiratsnormen protestieren wollen. Andere vermuten, dass eine Gruppe von Singles einfach Kennlern-Partys organisieren wollte und dafür ein pfiffiges Konzept brauchte. Nahmen anfangs nur Männer daran teil, entdeckten bald auch Frauen den Tag für sich – und natürlich auch die Unternehmen. Die dichteten den 11.11. einfach mal um: vom Gegenentwurf zum Valentinstag zur Ode an den Kaufrausch.

Nur die Umsätze zählen

Angeblich machen sich schon zum Frühstück viele Chinesen einen Spaß daraus, lange frittierte Teigstäbchen zu essen, die wie Einsen aussehen. Die Chinesen, die ich danach frage, tun das jedoch als Mythos ab. Vermutlich sei das ein Versuch, dem Tag noch irgendetwas Romantisches abzugewinnen. „Um irgendeinen Beziehungsstatus geht es dabei heute gar nicht mehr“, meint Studentin Ming. Obwohl überall auch Partys und Karaoke-Abende speziell für Töpfe ohne Deckel stattfinden, stehe der 11.11. inzwischen bei den meisten Chinesen für etwas viel Wichtigeres: Rabatte, Rabatte, Rabatte. Damit lockt vor allem der eCommerce-Riese „Alibaba“, dem unter anderem die beliebte Onlineshopping-Seite „Taobao“ gehört. Im letzten Jahr machte Alibaba am „Singles Day“ über 6,4 Milliarden Euro Umsatz und brach damit alle Rekorde – den US-amerikanischen Black Friday inklusive. Der 11. November entwickelte sich somit zum international größten Shoppingevent, in diesem Jahr erwartet man noch höhere Gewinne.

Gegen Tausende Shopper gleichzeitig antreten

Um die große Liebe geht es beim Singles Day in
China schon lange nicht mehr. Foto: Janine,
flickr.com, CC-Lizenz (CC BY 2.0)

Gekauft wird alles. „Wenn es am 11. November bei Taobao und Jingdong große Sales gibt, mache ich immer mit“, erklärt mir Kathleen, „auch wenn ich einen Freund habe und eigentlich gar nicht Zielgruppe bin. Meist besorge ich mir Schminke oder Beauty Produkte auf Vorrat.“ Eine beliebte Strategie bei jungen Chinesen: Schon vor dem großen Tag das Angebot durchforsten und Wunschprodukte im Warenkorb aufheben. Ming will das ihren Freunden dieses Jahr nachmachen: „Angesichts des Andrangs im letzten Jahr bin ich mir sicher, dass der 11. November diesmal noch größer ausfällt. Wenn ich meinen Einkauf nicht vorher reserviere, laufe ich bestimmt Gefahr, dass all die guten Sachen sofort ausverkauft sind und ich leer ausgehe.“ Ming lacht und zeigt auf ihre Wunschliste: Winterschuhe, warme Pullover, dicke Socken. Winter is coming – eindeutig. „Kosmetik und elektronische Geräte muss ich mir noch anschauen, auch die Markenklamotten und Rucksäcke. Normalerweise kann ich mir so etwas nicht leisten, aber wer sagt bei 70% Rabatt schon nein?“

Ob der Plan aufgeht, zeigt sich erst am 11. November. Der Tag ist vermutlich das beste Beispiel für Feiertage, deren Bedeutung dank gewiefter Unternehmer eine 180-Grad-Drehung erfährt. Gleichzeitig steht er wie kein anderes Ereignis für den wachsenden Onlinehandel in China, der Wettbewerber weltweit auf den Plan ruft. Dieses Jahr sind die Anbieter übrigens noch besser vorbereitet: Alibabas Logistikpartner verspricht, dass manche Kunden ihre Produkte am 11. November innerhalb von zwei Stunden geliefert bekommen können. Da vergisst man schnell sein Singleleben.

Text: Lara Schech
Teaser-Foto: Max Braun, flickr.com, CC-Lizenz (CC BY-SA 2.0), Bild beschnitten

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