Wos is los? Eine Großbäuerin soll im großen Stil Wahlfälschung betrieben haben und das ausgerechnet im beschaulichen Bayern. Wie konnte es überhaupt zu so einem kriminellen Coup kommen? SPIESSER-Praktikantin und Nachwuchsdetektivin Karin hat sich auf Spurensuche begeben.
03. October 2014 - 12:49 SPIESSER-AutorIn karin_123.
Beim Wörtchen Wahlfälschung denkt man doch zuerst an rückständige Diktaturen und verpeilte Beinahedemokratien. Wahlbetrug made in Germany? Eigentlich doch undenkbar? Das System ist ist hierzulande so sicher wie der Sonnenuntergang: Jeder erhält nur einen Stimmzettel; es gibt Wahlhelfer, die Häkchen hinter die Wahlteilnehmer setzen; man wird genau beobachtet, wenn man den Zettel einwirft und beim Auszählen wird, typisch deutsch, penibel auf Korrektheit geachtet. Doch nun das: Im niederbayrischen Geiselhöring soll die Großbäuerin Roswitha Baumgartner* das Ergebnis der Kommunalwahl verfälscht haben. Der Vertreter der CSU, Herbert Lichtinger, gewann die dortige Wahl mit 53,82 % der Stimmen. Der bisherige Amtsinhaber Bernhard Krempl von den Freien Wählern hatte mit 46,2 % hingegen das Nachsehen.
Die Kinnlade geht mit der Schwerkraft. Doch der Reihe nach: Was genau ist passiert?
Die Indizien
Bloß schnell rein damit!
Bei der Auszählung der Stimmen war den Wahlhelfern aufgefallen, dass einige Zettel aus dem 7000-Seelenstädtchen ein gleiches Schriftbild aufwiesen. Handschrift auf Wahlzetteln? Neben dem üblichen Kreuzchen konnte bei der Kommunalwahl auch eine Ziffer für das Kumulieren dazu geschrieben werden. Kumulieren bedeutet, dass man mehr als eine Stimme pro Wahlzettel abgeben kann und in diesem Fall die Verteilung durchnummeriert. Und genau diese Zahlen sahen auf 465 Stimmzetteln ziemlich identisch aus. Eine Überprüfung durch grafologische Experten brachte dann schließlich das detailversessene Ergebnis zutage, dass es sich wirklich um ein und dasselbe Schriftbild handelte. Zefix!
Die Verdächtige
Im Verdacht stand ziemlich schnell Roswitha Baumgartner, eine Großbäuerin eines Spargel- und Beerenhofs, die selbst für die CSU im Stadtrat sitzt. Durch den Betrug soll sie sich, dem Freund ihrer Tochter, einem Cousin und einem Nachbarn Vorteile in der Wahl verschafft haben. Bajuwarische Vetternwirtschaft...
Der Plan
Weiß der bayrische König, was seine Untertanen
so treiben?
Im Wahlbezirk Geiselhöring waren im Vorfeld ungewöhnlich viele Briefwahlen beantragt wurden. Diese Stimmen ging vor allem auf das Prozentekonto der CSU. Doch wie ist das möglich? Die Lösung: Erntehelfer aus Osteuropa. Auf dem Hof von Roswitha Baumgartner arbeiteten zu diesem Zeitpunkt 482 Erntehelfer. Da diese schon länger als als zwei Monate ihren Lebensmittelpunkt in Geiselhöring hatten, waren sie, nach Meinung der Großbäuerin, wahlberechtigt. 465 stimmten per Briefwahl ab. Doch nicht sie, sondern die Beschuldigte soll die Stimmzettel ausgefüllt haben.
Das Recht
Bei einem solchen Delikt wie dem von Roswitha Baumgartner spricht man von Stimmbetrug durch Einzelpersonen. Dies kann übrigens auch vorliegen, wenn bei der Auszählung der Stimmen bewusst ein Fehler gemacht wurde. Sollte sich der Verdacht bewahrheiten und sie als Täterin verurteilt werden, dann drohen ihr bis zu 5 Jahre Haft.
Die Quintessenz
Ja mei, es ist schon erstaunlich, wie einfach man in so einen Wahlprozess eingreifen kann und das solche Betrügereien nur durch aufmerksame Wahlhelfer verhindert werden konnten. Das nächste Mal, wenn man wählen geht, sollte jeder von uns Augen und Ohren offen halten: Vielleicht ist mein Bezirk ja der nächste, der von fiesen Schummeleien betroffen ist?
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