SPIESSER Beschäftigungstherapie

Auf der vergeblichen Suche nach Ästhetik

Ein ganz normaler Samstagmittag in der Innenstadt? Warum ein Baby und ein Hund das Süßeste an diesem Mittag waren und wie SPIESSER-Autorin Vanessa der Konsumwahn fast erdrückte.

11. January 2019 - 08:44
SPIESSER-Autorin VanessaJason.
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VanessaJason Offline
Beigetreten: 29.02.2012

Es ist Samstagmittag. Eigentlich meide ich samstags die Innenstadt. Schließlich weiß ich, dass sie überrannt wird von tausenden Menschen, die verzweifelt konsumieren bis der Arzt kommt, nur um zeitweise Dopamin zu produzieren. Glücksgefühle. Das, was momentan offensichtlich jedem Zweiten fehlt. Traurig, aber wahr.

Jedenfalls habe ich es heute dennoch gewagt, mich im Strudel der Einkaufsmassen treiben zu lassen. Anders als 90 Prozent der Menschen hier begab ich mich in einen wundervollen, kleinen Antiquariats-Buchladen, der leider nur noch zwei Wochen bestehen wird. Eine traurige Folge des Trends der Digitalisierung. Und das, obwohl es viel lebendiger ist, das Buch mit den Händen zu packen, die neuen frischen Seiten zu riechen und dem Buch liebevolle Eselsohren sowie Kaffeeflecken zu verpassen. Im Hintergrund lief klassische Musik. Auch wenn ich in erster Linie kein Fan davon bin – es hat mich beruhigt. Die halbe Welt um mich herum vergessen, hatte ich zwei Stunden später fünf tolle Werke in meiner Tasche, um dem Buchladen die letzte Ehre zu erweisen.

Gedanken während der Heimfahrt

Auf dem Weg zurück nach Hause im überfüllten Bus, waren es ein Kleinkind und ein Hund, die mich davon ablenkten, mich innerlich über die Konsumverrückten auf der Welt aufzuregen. Die Art, wie der kleine Junge zum ersten Mal einem niedlichen Hund begegnete und ihn streichelte, war berührend. Und genau das ist doch, was zählt. Statt andauernd auf das Handy zu starren, sich mal grüßen, statt von einem Laden zum andern zu rennen, die Bäume und deren herabfallende bunten Blätter bewundern. Mir scheint es, als ob die Menschheit sich um Ästhetik und das wahre Schöne nicht (mehr?) schert und Konsum ihm gegenübersteht.

Nur weil alles und jeder ein Smartphone, Tablet, Laptop, Auto, Smartwatch und viele sogar eine Alexa besitzen, heißt das nicht, dass man dem „Druck“ nachgeben muss und es genauso machen muss wie der Nachbar. Ich bewundere Menschen immer, die gegen den Strom schwimmen. Ich tue es auch, aber nur beschränkt. Ich liebe das Internet, WhatsApp und Instagram! Aber trotzdem habe ich ab und zu genug davon und kann es nicht ertragen, wenn sich wirklich alles vierundzwanzig Stunden nur noch darum dreht. Die rasante Entwicklung unserer Gesellschaft in Richtung „fulltime digital natives“ ist erschreckend. Dennoch glaube ich daran, dass sich das Rad weiterdreht.

Und ich sage bewusst: Rad. Denn wir gehen ja jetzt schon teils zeitlich zurück und übernehmen wieder Verhaltensweisen von damals, z. B. Schallplatten anhören. Ich möchte mit diesem Beitrag nur an uns alle appellieren, und zwar aus vollstem Herzen, sich auch mal ab und zu von der ganzen Technik abzuwenden und wenn das gar nicht eurem Wesen entspricht, dann wenigstens ein Stück weit gegen den Konsum ankämpfen. Genießt eure Goldschätze gemeinsam mit Freunden, verbringt wundervolle Momente mit eurer Familie, trinkt Tee, Kaffee, esst Kekse, packt euch in Kuscheldecken ein, lacht zusammen und feiert das Leben, denn es liegt noch so viel Schönes vor uns!

Was ist mit euch?

Stört euch der kommerzielle Gedanke auch manchmal? Pflegt ihr auch irgendwelche Rituale, um den Fokus auch mal weg vom Konsum zu lenken? Oder habt ihr euch darüber noch nie so wirklich Gedanken gemacht? Ich würde mich freuen, eure Meinungen in den Kommentaren zu lesen.

 

Text: Vanessa Bollmann
Teaserbild: Photo by Maia Habegger on Unsplash

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