Kinofeeling

Im Labyrinth des Schweigens

Deutschland in den 1950er Jahren: Die Wirtschaft brummt, den Menschen geht es gut, doch der Schatten der Vergangenheit liegt über der noch jungen Bundesrepublik: Zweiter Weltkrieg, Holocaust und unendliches Leid. Ein Staatsanwalt kommt einem Auschwitz-Verbrecher auf die Spur und befindet sich „Im Labyrinth des Schweigens". SPIESSER-Autorin Sophie hat den Film für euch gesehen.

06. November 2014 - 13:22
SPIESSER-Autorin sophielorraine.senf.
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sophielorraine.senf Offline
Beigetreten: 07.07.2012

Worum geht's?

1958: Der Schrecken des Nationalsozialismus ist beendet, die junge Bundesrepublik Deutschland findet sich im Wiederaufbau und die Wirtschaft erfährt einen ungeahnten Aufschwung. Für die junge Generation ist „Auschwitz“ kein Begriff mehr und das alltägliche Leben beginnt, sich wieder zu normalisieren. Als Thomas Gnielka, ein Journalist aus Frankfurt, versucht, Anzeige gegen einen ehemaligen Auschwitz-Aufseher zu erstatten, der nun als Lehrer arbeitet, stößt er überall auf Ablehnung. Als scheinbar einziger nimmt sich Johann Radmann, ein junger Staatsanwalt, diesem Fall an, ohne vorher je von den Verbrechen in Auschwitz gehört zu haben. Was anfangs sogar seine Vorstellungskraft übersteigt, verfolgt ihn später bis in den Schlaf, denn der Strafprozess droht nie geahnte Ausmaße anzunehmen. Um aufzuklären, was zwanzig Jahre zuvor wirklich in Auschwitz geschehen ist, beginnt Radmann, eine Reihe von Zeugen zu befragen und erfährt dadurch von Schicksalen, die es verdient haben, erinnert anstatt vergessen und verdrängt zu werden...

Wer spielt mit?

Johann Radmann und seine Liebe Marlene Wondrak.

Der Staatsanwalt Johann Radmann, gespielt von Alexander Fehling, steht im Zentrum des Geschehens. Er leitet zusammen mit seinem Vorgesetzten Fritz Bauer (Gerd Voss) und dem Journalisten Thomas Gnielka (André Szymanski) die Ermittlungen. Neben anderen Staatsanwälten der Kanzlei spielt Radmanns Geliebte Marlene Wondrak (Friederike Becht) eine entscheidende Rolle in seiner Entwicklung. Die Beziehung zu ihr, die ihn anfangs noch stärkt, droht an Radmanns Ehrgeiz zu zerbrechen, mit dem er sich dem Fall widmet.

Filmischer Augenschmaus?

Der Film ist nicht ohne Anspruch: Die Handlung zeigt sensibel die Entwicklung des Protagonisten, der so viel Menschlichkeit im Umgang mit der Vergangenheit zeigt, dass er selbst an die Grenzen des Wahnsinns gerät. Immer wieder neu wirft er die Frage nach der Moral einer Gesellschaft auf, die versucht, sich im Schweigen reinzuwaschen oder sich hinter Halbwahrheiten und Lügen zu verstecken. Im Sinne der Gerechtigkeit versucht er, für das Gute zu kämpfen, um sich letztendlich einzugestehen, wie unmöglich es ist, Gut und Böse klar voneinander zu trennen.

Braucht man Taschentücher?

Nein, gar nicht. Was man wirklich braucht, ist die Offenheit, sich dem Thema NS-Verbrechen auf ein Neues zu widmen und in gewisser Weise ein wenig Sinn für Gerechtigkeit.

Mit wem angucken?

Mit der Schulklasse, aber auch Freunden, die sich ein wenig für Geschichte interessieren.


Johann Radmann sucht die Wahrheit um jeden Preis.
Was macht man danach?

Vielleicht über sich selbst oder unsere Generation reflektieren...

Erinnert an...

Das amerikanische Drama „Flash of Genius“, in der die Hauptfigur ihren unbedingten Willen für Gerechtigkeit zeigt.

In 3 Worten:

verzwickt, bedrückend, aufwühlend

Große Leinwand oder kleiner Bildschirm?

Der kleine Bildschirm reicht vollkommen, denn der Film lebt von seiner Botschaft. Und die vermittelt er zweifelsohne auch im Kleinformat.

Mainstream oder Independent?

Ein deutscher Film, der sich in Mainstreamwasser vorwagt, aber im Herzen Indepedent bleibt.

Im Labyrinth des Schweigens

Regie: Giulio Ricciarelli
Darsteller: Alexander Fehling, André Szymanski, Friederike Brecht, Gerd Voss
Kinostart: 06. November 2014
Länge: 123 Minuten

 

 

Text: Sophie Lorraine Senf
Fotos: Pressebilder
© Universal Pictures

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Kommentare

Ein Kommentar
  • Ich kenne den Film zwar nicht, allerdings ist er bei uns gerade in aller Munde. Die Hauptperson, Thomas Gnielka, ist/war nämlich der Vater eines Lehrers an unserer Schule! Sehr merkwürdig, plötzlich so eine Verbingung zu entdecken. Einige Klassen haben den Film deswegen auch im Kino gesehen, allerdings kann ich da wieder nur den Kopf schütteln über solche Ignoranz. Es gab natürlich wieder diese Jugendlichen, die sich cooler fühlen als die anderen und die ganze Sache ins Lächerliche zogen... Nunja da muss man wohl drüber hinwegsehen. Jedenfalls ist es verdammt interessant, was unser Herr Gnielka alles zu erzählen hat!

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