Kinofeeling

Mediterranea

Der Film Mediterranea hält schonungslos fest, unter welchen Umständen Flüchtlinge nach Europa kommen, wie sie hier leben und wie sie empfangen werden. Dabei basiert der Film auf wahren Begebenheiten in Italien und wird von Betroffenen selbst gespielt. SPIESSER-Praktikantin Renée hat den bewegenden Film für euch gesehen.

11. March 2016 - 08:45
SPIESSER-Autorin Oriella.
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Oriella Offline
Beigetreten: 13.10.2015

Worum geht's?

In dem Film geht es um die beiden jungen Männer Ayiva (Koudous Seihon) und Abas (Alassane Sy), die gemeinsam ihre Heimat in Burkina Faso verlassen haben und auf dem Weg nach Europa sind. Dort versprechen sie sich ein besseres Leben, mehr Geld und vielleicht sogar eine Freundin. Ihre lange und beschwerliche Reise nach Europa ist voller Gefahren, Überfälle und Gewalt. Dennoch überleben sie die Überfahrt mit dem Boot und gelangen nach Italien, wo sie auf Freunde aus der Heimat stoßen, die bereits seit einer Weile in Italien leben.


Ayiva und Abas flüchten für eine bessere Zukunft
auf ihrer Heimat.
Foto: © DCM

Doch so einfach, wie sie es sich vorgestellt haben, ist das neue Leben nicht. Die Unterkunft ist sehr karg, die Arbeit hart und schlecht bezahlt. Anfeindungen von Italienern bestimmen ihren Alltag. Vor allem die Schwierigkeiten, legal in Europa zu arbeiten, belasten die Männer. Im Angesicht dieser Schwierigkeiten, offenbaren sich die unterschiedlichen Charaktere der beiden Freunde. Ayiva hat in der Heimat eine kleine Tochter und eine Schwester. Um ihnen Geld schicken zu können, arbeitet er sehr hart und nimmt die unfairen Gegebenheiten hin. Er versucht in Italien voranzukommen, ergreift die Initiative und setzt sich für sich und seinen Freund ein. Abas hingegen ist unzufrieden mit dem Leben, dass er in Italien führen muss. Er leidet unter den Ungerechtigkeiten und möchte sich wehren. Er ist jung, will eine schöne Freundin finden und Spaß haben.

Im Laufe des Films kommt es zu immer stärkeren Auseinandersetzungen zwischen den Flüchtlingen und rassistischen Italienern. Der Film basiert dabei auf Unruhen, die im italienischen Rosarno 2010 dazu führten, dass mehr als 60 Menschen verletzt und Tausende Migranten evakuiert werden mussten.

Wer spielt mit?

Der Jungregisseur Jonas Carpignano hat den Film vor und hinter der Kamera mit Flüchtlingen und Immigranten gearbeitet, die selbst von den Geschehnissen in Rosarno betroffen waren. Die Flüchtlinge konnten ihre ganz persönlichen Erfahrungen mit in den Film einbringen, so dass er sehr authentisch wirkt und sie sehr überzeugend spielen.

Auf einen Blick
Action: ✪ ✪
Romantik: ✪
Humor: ✪
Niveau: ✪ ✪ ✪ ✪
Bildungsfaktor: ✪ ✪ ✪ ✪
Filmischer Augenschmaus?

Der Film ist zwar ein Spielfilm, möchte aber den Anschein einer Dokumentation erwecken. Dazu wird eine schnelle, instabile Kameraführung genutzt und viel im Dunkeln oder Halbdunkeln gedreht. Das passt sehr gut zum Konzept, strengt den Zuschauer aber auch an. Da in dem Film sehr wenig gesprochen wird, nutzt der Regisseur vor allem eine intensive Bildsprache, um dem Zuschauer zu vermitteln, wie sich die jungen Männer fühlen und wie sie zu ihrer Situation stehen.

Braucht man Taschentücher?

Ja. Das Leben der Flüchtlinge ist sehr hart, viele kommen auf dem Weg nach Europa um, auch diese Schicksale werden beispielhaft in dem Film untergebracht. Besonders lähmend ist die Gewissheit, dass das Dargestellte gerade heute bittere Realität ist.

Mit wem angucken?

Wenn du befürchtest, dass dir dein Mascara verläuft, schau ihn vielleicht nicht zu einem ersten Date. Abgesehen davon ist er für viele Situationen geeignet, er ist vielleicht kein Guter-Laune-Film, aber es ist wichtig, dass man sich diesen Wahrheiten stellt. Solltest du zufälligerweise einen Asylgegner in deinem Bekanntenkreis haben, wäre er wohl der optimale Adressat.

Was macht man danach?

Als erstes begibt man sich an seinen Boxsack, lässt den Frust über die Ungerechtigkeiten dieser Welt heraus und dann sucht man sich ein Projekt in seiner Nähe heraus, um die Situation zu verbessern.

Zum Heimkinostart verlosen wir je zwei DVDs und Blu-rays des bewegenden Films. Zum Gewinnspiel geht's hier lang!
In 3 Worten:

Schonungslos, ehrlich, aktuell

Große Leinwand oder kleiner Bildschirm?

Je größer die Leinwand, desto besser. Da der Film weniger auf Dialogen, als auf Bildern beruht, ist es besser, man kann sich richtig darauf konzentrieren. Außerdem gibt es viele Szenen, die durch ihre Lichtverhältnisse auf einem kleinen Bildschirm schwer zu erkennen sind.

Mainstream oder Independent?

Ein eindeutiges Independent-Projekt, auch wenn es mittlerweile bei den größeren Festivals in Cannes und Venedig gezeigt wurde.

MEDITERRANEA

Regie: Jonas Carpignano
DVD-Start: 26. Februar 2016
Schauspieler: Koudous Seihon,  Alassane Sy, Davide Schipilliti
Länge: 103 Minuten
Genre: Drama, Doku-Spielfilm
FSK: ab 12 Jahren

 

 

Text: Renée Theesen
Bildmaterial: © DCM

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