Meinung

Jenseits der Wahrheit

In einer Zeit der Fäkalstürme und Twittergewitter formt sich eine völlig neue Informationskultur: Das Bullshiting! Was genau der Unterschied zum einfachen Lügen ist und wo dabei die Gefahr besteht, erfahrt ihr, wenn ihr weiterlest.

20. February 2018 - 16:44
SPIESSER-Autor PaulausMdorf.
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PaulausMdorf Offline
Beigetreten: 18.05.2016

Im Reich der alternativen Fakten

„Alternative Facts“ nennen die Verfechter der Flat-Earth-Society ihre Beweisführung, warum die Erde Flach sei. „Wir sind in Postfaktischen Zeiten angekommen“, sagte jüngst Angela Merkel. Was aber bedeutet das genau? Etwa, dass die Wahrheit schon tot ist? Dass wir keine Fakten mehr brauchen?

Es bedeutet, dass die Inszenierung einer Meldung mehr Wert ist, als ihr Inhalt. Dass der Aufschrei über etwas wichtiger wird, als die Sache an sich. In gewissem Sinne war das ja schon immer so. Eine Neuigkeit ist erst dann wirklich relevant, wenn sie in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist. Ob es um Gallileos Erkenntnis, dass die Erde Rund sei, geht oder darum, dass es nun angeblich doch nicht mehr so ist.

Neue Medien der Verbreitung

Das Neue hierbei ist das Medium der Verbreitung: Durch Internet und Soziale Netzwerke ermöglichen wir auch bisherigen Randgruppen, schnell Gleichgesinnte zu finden. Grundsätzlich eine Gute Sache!

Auch wenn bislang als sicher geltende Fakten angezweifelt werden, ist das nicht unbedingt gleich schlecht. Dadurch ensteht überhaupt Fortschritt! Hier kommt aber das Phänomen des Bullshittings erst richtig zum tragen: Die Erde ist nicht länger Rund. Wir können ja schließlich alle den geraden Horizont sehen! Es ist völlig egal wie absurd eine Aussage ist – im Internet findest du immer jemanden, der sie dir glaubt.

Bullshit macht Politik

Wirklich besorgniserregend ist es, wenn mit dieser Nicht-Argumentation Politik gemacht wird: Ob Donald Trump mit seiner „Fake-News-Parole“ oder die AFD über die tatsächlichen Folgen der Flüchtlinge in Deutschland. Politischer Diskurs ist schon lange nicht mehr an Fakten gebunden. Das Problem hierbei ist, dass man „Bullshitter“ nicht durch Aufweisen ihrer Fehler argumentativ bloßstellen kann. Bullshitter kommen gänzlich ohne – oder eben mit alternativen – Fakten aus. Nur das bloße Vorhandensein einer Meldung scheint Daseinsberechtigung zu sein. Hier muss man sich Fragen, ob Voltaire dies mit seiner Aussage „Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst“ gemeint hat.

Diese Einstellung hat dann nicht nur Volksverdummung, sondern auch ein Abwenden von den wissenschaftlichen Prinzipien zur Folge. Wenn auch unsere politischen Führer auf diese Schiene aufspringen, dann driftet unsere Gesellschaft in einen Anti-Bildungssumpf ab. In ein Loch, in dem der König ist, der am lautesten schreit.

 

Text: Paul Hilliger
Teaserbild: Kayla Velasquez on Unsplash

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