Was gibt es zum Mittag bei der Chefin von Nordsee, der drittgrößten Restaurantkette in Deutschland? Natürlich Fisch – als Suppe – und Seelachs. SPIESSER-Autor Christian luncht mit Hiltrud Seggewiß, Vorsitzende der Geschäftsführung, und will wissen, ob Fisch wirklich sexy macht und welchen Fang die Chefin selbst am liebsten isst.
Frau Seggewiß, eine Aufgabe als Chefin eines Unternehmens ist, für die eigenen Produkte zu werben. Ich mag Fisch nicht so gern. Mit welchem Nordsee-Produkt würden Sie mich überzeugen wollen?
Da würde ich Ihnen unseren Klassiker empfehlen: Seelachs vom Grill mit Bratkartoffeln. Das ist ein Produkt, das bei fast allen ankommt.
Christian lauscht konzentriert auch ohne Fisch.
Sie wollen die Zielgruppe von Nordsee verjüngen. Wen wollen Sie künftig ansprechen und wer ist derzeit Kunde bei Nordsee?
In unseren Restaurants trifft man eher die Generation 50+. An den Snackfenstern oder in den Snackshops finden Sie altersmäßig den bundesdeutschen Durchschnitt. Daher ist es meine Aufgabe, auch jüngere Menschen, also ab dreißig Jahren, für Nordsee und zwar für die Restaurants zu begeistern. Gerne natürlich auch Jugendliche, die sehr preisbewusst sind.
Sind McDonald’s und Burger King in diesem Fall die großen Konkurrenten?
Jeder, der das Bedürfnis nach Essen stillen will, ist Konkurrenz. Das sind McDonald’s wie auch Bäcker mit
Snackangeboten. Früher gab es da nur Brot und Brötchen, aber mittlerweile haben sie auch verschiedenste Mittagsangebote. Es gibt eine Vielzahl von Anbietern mit neuen Konzepten. Aber Wettbewerb belebt das Geschäft. Und immerhin gibt es Nordsee-Restaurants seit den 1960er Jahren, bevor es McDonald’s gab. Wir waren die Pioniere der Schnellrestaurants.
2013 machten Sie mit einer provokanten Werbekampagne auf sich aufmerksam. Auf den Plakaten waren die Körper von einem nackten durchtrainierten jungen Mann beziehungsweise einer sportlichen nackten Frau zu sehen, jeweils ohne Kopf. Die Leistengegend war mit einem Banner bedeckt. Darauf die Aussage „Fisch macht sexy.“ Ist das so?
(Zeigt auf sich) Ja, finden Sie nicht?!
Äh, ja, absolut. Warum eine so provokante Werbung?
Nordsee sollte sich aufmerksamkeitsstark präsentieren. Hat funktioniert: Wir haben gerade beide schmunzeln
müssen. So haben viele Leute geschmunzelt. Oder sie haben es kommentiert, positiv wie negativ. Fakt ist aber, dass Nordsee im Gespräch war.
Ein Fokus Ihrer Arbeit liegt auf dem Marketing. Doch das ist bestimmt nicht die einzige Aufgabe. Wie sieht ein normaler Arbeitstag bei Ihnen aus?
Ich kann Ihnen keinen normalen Arbeitstag beschreiben, denn der Job ist ziemlich abwechslungsreich. Ich bin zum Beispiel oft in den Filialen unterwegs, um mit den Mitarbeitern zu sprechen. Oder mit der Bauabteilung und Architekten, wenn gerade Standorte umgebaut werden, so wie jetzt fast monatlich ein großer Neubau mit neuem Design entsteht. Ich lebe immer ein wenig in meinem Auto.
Hiltrud Seggewiß
Hiltrud Seggewiß ist im beschaulichen Westfalen geboren und aufgewachsen. Nach der Schule wollte sie Lehrerin werden. Doch die Lehrerschwemme führte sie ins Studium der Betriebswirtschaft. Nach Tätigkeiten im Bereich Mode und in verschiedenen Bäckereien ist sie seit 2011 Vorsitzende der Geschäftsführung von Nordsee. Dabei ist sie für circa 6.000 Beschäftigte zuständig, davon 4.500 in Deutschland. Das Traditionsunternehmen eröffnete 1965 das erste Schnellrestaurant mit einem damals völlig innovativen Gastronomiekonzept. Heute betreibt das
Unternehmen 392 Standorte weltweit, 332 davon in Deutschland.
Und wo befinden sich die Herausforderungen?
Die größte Herausforderung ist dabei die Kommunikation.
Wieso? Kommt es oft zu Missverständnissen?
Wir beide unterhalten uns doch jetzt gut. Ich hoffe, dass die anderen das auch so sehen. Das zeichnet für mich eine gute Chefin aus. Es sollte jeder das Gefühl haben, über alles sprechen zu können. Denn nur wenn Menschen miteinander reden, kommt es zu guten Ergebnissen. Das gilt auch für unser Unternehmen. Wir haben nicht mit Maschinen, sondern mit Menschen zu tun. So sollen unsere freundlichen Mitarbeiter dem Gast gute Produkte anbieten. Wir wollen gute Gastgeber sein. Die Gäste sollen so empfangen werden wie zu Hause.
Sind Sie denn persönlich auch eine gute Gastgeberin?
Ja, ich koche zwar nicht, auch keinen Fisch. Aber alles andere stimmt bei mir. Ich habe gern viele Gäste, die fühlen sich wohl und kommen durchaus wieder.
Auch wenn Sie nicht selbst kochen: Welchen Fisch essen Sie eigentlich am liebsten?
Kabeljau in Butter gebraten. Auch wenn ich jetzt mehr mit Fisch zu tun habe, gegessen habe ich ihn schon immer gern.
Text: Christian Wobbeler
Fotos: Claudia Hettwer
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